Theatergruppe „Marabu“ aus Bonn spielt HARAM

Ein Theaternachmittag am 21. 9. 2010 für die Ganztagsklassen sechs bis acht

 

Zwei Schauspieler, eine Schauspielerin, drei Stühle, drei „Drehbücher“ und mehrere Rollen Malerkrepp — ein Prolog, der mit den Worten beginnt: Rolle gestrichen. Was vordergründig komisch begann, entwickelte sich zu einem sehr eindringlichen Theaterstück über das Leben in verschiedenen Kulturen und die Schwierigkeit der Identitätsfindung. Der Titel: HARAM ( Sünde, das ist verboten!).

Eine marokkanische Familie - Vater, Mutter, ein vierzehnjähriger und ein zehnjähriger Sohn, eine dreizehnjährige Tochter – lebt seit Jahren in Deutschland. Die Kinder sind dort geboren, die Eltern erziehen sie freiheitlich, eingefügt in den neuen Kulturkreis. Deutsche Freunde treffen, Musik machen, von einer Fußballerkarriere träumen; nicht nur die Jungen haben Pläne, auch die Tochter möchte später studieren. Alles ändert sich, als eine Cousine mit dreizehn Jahren plötzlich ihr angepasstes Leben aufgibt und auf die „schiefe Bahn“ gerät. Die Eltern beschließen, nach langen Diskussionen voller Zweifel über eine richtige Entscheidung, dass nur der Vater nach dem Sommerurlaub in Marokko nach Deutschland zurückkehrt. Ihre Kinder sollen in Marokko die traditionellen Werte einer nordafrikanischen Kultur kennen lernen, um nicht ebenfalls durch gelockerte deutsche Wertevorstellungen „verdorben“ zu werden.
Die beiden älteren Kinder wehren sich, vor allem die Tochter wendet sich massiv gegen die Unterdrückung der Mädchen, und fliehen, der jüngere Sohn fügt sich. Ein Onkel lässt die Ausreißer von der Polizei verhaften, sie werden im Gefängnis und anschließend auch vom Onkel verprügelt. Die Mutter kann ihren Mann überreden, die Tochter nach Deutschland zu holen, die Söhne bleiben zwei Jahre in Marokko. Am Ende finden sich alle in Deutschland wieder und können ihre beruflichen Pläne verwirklichen. Es ist  erstaunlich, mit welchem Minimalismus diese ergreifende Geschichte auf der Bühne im Forum der Realschule plus dargestellt wurde. Nur durch kleine Änderungen der Kleidung schlüpften die Darsteller in die verschiedenen Rollen. Das Haus wurde durch Streifen von Malerkrepp auf dem Boden dargestellt. Gewaltszenen gab es nicht, sie wurden in rückschauenden Dialogen deutlich. Durch die räumliche Nähe der Schauspieler zu ihrem Publikum, Ganztagsschülern der Klassen sechs bis acht, konnte agiert und reagiert werden. Die jüngeren Schülerinnen und Schüler waren zeitweise sehr betroffen und lauschten still und aufmerksam den Worten. Erwähnt sei hier die Darstellung des übermächtigen Onkels durch das gleichzeitige Agieren der beiden Schauspieler. Die älteren Schüler mussten bei manchen auch komischen Szenen schmunzeln, man hörte sogar empörte Lautäußerungen, als die Protagonisten bei wütenden Reden Schimpfwörter benutzten. Zum Schluss wurden die Schauspieler mit anhaltendem Applaus belohnt.

Nach der Vorführung gaben die Darsteller den Schülern Gelegenheit, sich zu dem Stück zu äußern und Fragen zu stellen. Die Fragen bezogen sich in erster Linie auf die Arbeit der Schauspieler, denn die Thematik des Theaterstücks wird wohl in Gesprächen in der Klasse erst richtig bewusst werden. Die Neumayerschule Kirchheimbolanden bedankt sich bei den Initiatoren des Projekts „Wer nichts tut macht mit!“, der Verbandsgemeindeverwaltung und der Polizei Kirchheimbolanden, für die finanzielle Unterstützung des äußerst interessanten Nachmittags. (sco)